Donnerstag, 20. September 2018
Detlev Rohwedder
Geschrieben 2014


Im Sommer 1990 wurde der ehemalige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Ex-Chef des Stahlkonzerns Hoesch zum Leiter der neugeschaffenen sogenannten Treuhandanstalt berufen. Ein knappes Jahr darauf war er tot. Der 58jährige Manager wurde am 1. April 1991 gegen Mitternacht mit einem Scharfschützen-gewehr durch ein Fenster seines Düsseldorfer Wohnhauses erschossen. Viele BeobachterInnen halten diesen Mord bis heute für ungeklärt. Einige von ihnen teilen die Vermutung des Ex-DDR-Abwehrchefs Wolfgang Schwanitz*, der Treuhandchef sei am Ostermontag aus dem Weg geräumt worden, weil sein sanierungsfreundlicher Kurs (statt Privatisierung) nicht genehm war. Tatsächlich änderte sich unter Nachfolgerin Birgit Breuel sofort die „Abwick-lungs“-Politik. „Binnen dreier Jahre konnte die Treuhand die ostdeutsche Konkurrenz ausschalten“ – Rohwedders Ableben habe für einen beträchtlichen Konjunkturschub gesorgt. Trotz dieser bedenkenswerten Zusammenhänge wird das Attentat auf Rohwedder jedoch zumeist der RAF in die Schuhe geschoben. Angeblich sprechen dafür etliche von der Polizei gesicherte Spuren, darunter Patronen, die auf eine schon früher benutzte Tatwaffe der RAF verweisen.

Ich persönlich will keineswegs ausschließen, die Untergrundgruppe sei in das Attentat verstrickt, ich verweise allerdings auf die bekannte Verstrickung der Geheimdienste mit ihr. Sie dürfte ungefähr so sauber (gewesen) sein wie Al-Kaida oder der IS, der gegenwärtig Nato-Interessengebiete in Nahost in Kalifate verwandelt. Manchmal reicht die Verstrickung sogar bis in Internet-Enzyklopädien: siehe etwa den Wikipedia-Artikel über Rohwedder. Dieser Artikel (Stand Okt. 2014) verschwen-det weder einen Gedanken an die verbreite Lust falsche Fährten zu legen noch streift er die hier genannten Bedenken wenigstens mit einem Hauch. Damit läßt er sich törichterweise auch die Chance entgehen, wie der stern** zumindest die Stasi als Alternative zur RAF einzuführen. Im Vergleich dazu ist Karl-Peter Ellerbrocks trockener Satz in der Neuen Deutschen Biographie*** geradezu eine Labsal: „Der Mord, dem R. zum Opfer fiel, wurde bis heute nicht aufgeklärt; der Presse wurde ein Bekennerschreiben der 'Roten Armee Fraktion' (RAF) zugespielt.“

* Gespräch mit Robert Allertz in der Jungen Welt, 6. Juni 2009
** Artikel „Rätsel um mysteriösen Rohwedder-Mord“ vom 1. April 2011
*** Berlin 2005, Band 22, online hier

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