Montag, 4. September 2023
Meine Diener, die Räuber vom Rundfunk

Wie ich der Webseite Rundfunkbeitrag.de mit einem gewissen Erstaunen entnehme, werde just durch »die Arbeit des Beitragsservice mit seinen rund 1.000 Beschäf-tigten … ein unabhängiger, hochwertiger und vielfältiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland« ermöglicht. Das hätte ich gar nicht gedacht. Dieser sogenannte Service pflegt sich alle zwei Jahre bei mir in Erinnerung zu bringen. Dann muß ich nämlich ein neues Antragsformular auf Befreiung vom Rundfunkbeitrag ausfüllen. Das Anrecht auf die Befreiung habe ich, weil meine äußerst schmale Altersrente vom Gothaer Sozialamt aufgestockt wird. Nur kann ich den neuen, mit einer Bescheinigung aus Gotha untermauerten Befreiungsantrag dieses Mal wegen einer Verzögerung in meinem Briefverkehr mit dem Sozialamt erst am 17. August 2023 nach Köln abschicken. Dort sitzt der liebe Service. Prompt fordert mich dieser mit Datum vom 22. August auf, gefälligst meinen Rundfunkbeitrag zu zahlen – zunächst 55,08 Euro für das kommende Quartal. Schön und teuer gedruckte Überweisungsformulare liegen gleich anbei. Aber ich ignoriere diese Aufforderung, wenn sie mich auch etwas kränkt und gewaltig wurmt. Wenige Tage später darf ich aufatmen: mit Datum vom 28. August teilt mir der »Beitragsservice« mit, er habe meinem neuen Befreiungsantrag stattgegeben. Jene kränkende Zahlungsaufforderung übergeht auch er. Wenn nicht, hätte er schließlich einräumen müssen, wie in großen deutschen Behörden so üblich, komme es auch in Köln gelegentlich vor, daß diverse Abteilungen kräftig gegeneinander oder durcheinander arbeiten. Bei 1.000 Beschäftigten ist das vielleicht kein Wunder.

Man könnte besänftigend abwinken: Laß es gut sein, Alter, jetzt hast du doch für ganze zwei Jahre wieder Ruhe vor dieser Räuberbande. Ich fürchte allerdings, diese Ruhe behagt mir nicht mehr. Schließlich kommt hier doch einiges zusammen. Schon die Eigenbezeichnung »Service« ist ein genauso hinterhältiges wie widerliches Hüllwort, wenn man es sich einmal gründlich überlegt. Die Damen und Herren Knechte des Kapitals erwecken so den Eindruck, nicht ich müßte ihnen was zahlen, vielmehr täten umgekehrt sie mir einen Gefallen. Sie dienen mir! Und lassen sich dafür anständig bezahlen. Laut Statista betrug der Gesamtertrag des Rundfunkbeitrags in Deutschland im Jahr 2022 rund 8,57 Milliarden Euro. Zu dem, was damit veranstaltet wird, komme ich noch. Zunächst müssen wir von diesen Milliarden gerechterweise die Kosten des Gebühreneinzuges abziehen. Wie mir das Internet verrät, verdient ein Verwaltungsfachangestellter durchschnittlich 2.500 Euro brutto im Monat. Mal 1.000 Beschäftigte genommen, wären wir bereits bei 2 ½ Millionen monatlich. Die SpitzenmanagerInnen werden ja wohl ungefähr von den hauseigenen Lehrlingen oder den Sträflingen diverser Arbeitsagenturen aufgewogen. Nehmen wir die 2 ½ Millionen nun noch mal 12 Monate, landen wir bei einem Gesamtjahresgehalt der Kölner Behörde von 30 Millionen Euro. Das ist kein Klacks. Dabei habe ich die Sachkosten noch gar nicht berücksichtigt. Jene 1.000 Bürokraten müssen schließlich irgendwo sitzen, wenn nicht unter Kölner Brücken oder in ihrem »homeoffice«, und den Verbrauch an Computern, Strom, Parkplätzen, Werbefritzen und sogenannten Werbege-schenken wage ich gar nicht zu schätzen.

Weitere, im Grunde wichtigere Bedenken habe ich kurzentschlossen in den Entwurf eines Briefes an meine Kölner Diener gegossen. Ich stelle ihn hier zur Diskussion. Ich werde den Link zu ihm auch dem einen oder anderen Fachmenschen unterbreiten. Ich hoffe auf ein gewisses Echo, etwa in Gestalt von Leserbriefen. Vielleicht könnten sich die Antwortenden bereits zu folgenden Fragen äußern, die ich bislang nicht klären kann.

• Sind ähnliche Fälle von Zahlungsverweigerung bekannt? Ein schon älterer Internet-Beitrag deutet darauf hin.* Übrigens behauptete kürzlich ein Hamburger Online-Magazin, der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanz-ministeriums habe 2014 [schon ein Jahr nach der Einführung der Kopfpauschale] ein Gutachten zum Thema »Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzie-rung« erarbeitet, und geschlossen, die Gebühr gehöre eigentlich abgeschafft.**

• Welche Reaktion der Kölner Behörde wäre in meinem Fall wahrscheinlich? Würde sie eine Anprangerung riskieren?

• Was könnte mir im schlimmsten Fall passieren? Drohen beispielsweise Entzug der Sozialhilfe oder häusliche Pfän-dungen (meines Hightec-Breitwand-Fernsehgerätes ...)?

• Angenommen, mein Widerstand ginge nicht ohne Rechtsstreit ab. Was wäre in diesem Fall der Gerichtsort? Welche Kosten sind zu erwarten?

• Was wäre der günstigste Zeitpunkt für meinen Brief beziehungsweise Vorstoß? Sollte ich meinen Befreiungs-antrag womöglich widerrufen? Geht das überhaupt?

Wie auch immer, werde ich von diesem, schlimmstenfalls ausbleibenden Echo erneut berichten.


>>Sehr geehrte Damen und Herren,

vermutlich in der Annahme, mir Gutes zu tun, haben Sie mich zuletzt, auf meinen neuerlichen Antrag hin, bis Ende Juli 2025 von der sogenannten Rundfunkbeitragspflicht befreit. Nach reiflicher Überlegung möchte ich jedoch in Zukunft keinen entsprechenden Antrag mehr stellen. Allerdings werde ich gleichwohl die Zahlung des Rundfunkbeitrages verweigern. Beides zusammen hat folgende Gründe.

Erstens. Gebühren nach dem Muster von »Kopfpau-schalen« sind unsittlich. Denn jeder hat einen anderen Kopf. Der von einem Bankier zum Beispiel steckt voller Goldbarren, während ich mit einer Altersrente auskommen muß, die trotz Aufstockung durch das Gothaer Sozialamt (»Grundsicherung«) schmäler als eine Scheibe Gouda ist. Mich treffen also Mehrwertsteuer oder Rundfunkbeitrag ungleich härter als den Bankier.

Zweitens. Gebührenbefreiung klingt mir doch zu sehr nach Begnadigung. Ich möchte aber keine huldvolle Alimen-tierung durch eine Hohe Behörde. Das Sozialamt sitzt wenigstens in Gotha und nicht auf dem Mond. Falls Sie von meinem Wohnort Waltershausen noch nie gehört haben: Bis Gotha rund 11 Kilometer, sogar Straßenbahnanschluß.

Drittens. In meinem Fall ist der Zwangsbeitrag auch deshalb unsittlich, weil ich schon seit Jahrzehnten Radio- und Fernsehgeräte gar nicht mehr nutze und besitze. In meiner Knabenzeit habe ich noch zuweilen Kulenkampff geguckt – Sie wissen schon: Einer wird gewinnen … Aber dann gaben mir um 1980 Fernsehberichte über angeblich undemokratische Hausbesetzungen und Bürgerproteste in Westberlin den Rest. Dort wohnte ich damals. Ich glaube, mein letzter Fernsehkonsum fand anläßlich der Ausstrahlung von Fassbinders Serie Berlin Alexanderplatz statt. Das war ebenfalls ein Fehler. Inzwischen zähle ich Literaturverfilmungen zu den Schwerverbrechen. Jedenfalls bin ich nun schon seit rund 40 Jahren Abstinenzler – durch lange Jahre zu Unrecht von den Häschern der berüchtigten GEZ gejagt. Heute finde ich, es wäre doch das Mindeste, nur von solchen Leuten Beitrag zu verlangen, die den gesendeten Segen benötigen wie das tägliche Brot oder Bier. Allerdings gebe ich zu, das würde auch wieder einen gewissen Kontroll- und Verwaltungs-aufwand erfordern. Deshalb schlage ich vor, die Aussender des Segens lieber »pauschal« abzuschaffen. Das wäre auch aufgrund der beiden folgenden Umstände und Erwägungen sehr gut.

Viertens. Die unansägbare Mästung durch Zwangsge-bühren hat die Öffentlich-Rechtlichen Sender in den zurückliegenden Jahren offensichtlich und nachweisbar dazu verführt, zu fuschen, zu lügen oder zu manipulieren, daß sich in jedem anständigen deutschen Haushalt die Balken biegen. Zur Manipulation zählt unter anderem die so gern geübte Kunst des Weglassens und der Verdrehung. Eine objektive, ausgewogene Berichterstattung findet so gut wie nicht mehr statt, jedenfalls nicht in den wesentlichen Fragen, etwa Altstadtsanierung, Mietwucher, Corona, Ukraine, Grundrechtsverletzungen, »Rettungs-pakete«, obszöne Unternehmensgewinne überhaupt. Die Anstalten wandeln sich zielstrebig in Einpeitschplätze zugunsten des Bundeskanzleramtes, des Weißen Hauses und des sogenannten Weltwirtschaftsforums. Roberto De Lapuente hat den verhängnisvollen Freibrief für die gebührenfinanzierten Rundfunk- beziehungsweise Flunkeranstalten bereits vor knapp zwei Jahren in einem empfehlenswerten Artikel beklagt.*** Daneben gibt es inzwischen zahlreiche andere Aufsätze sowie Bücher zu dem verderblichen Kurs unserer MeinungsmacherInnen, die ich Ihnen notfalls angeben oder sogar referieren könnte. Eine jüngste kritische Stellungnahme gab das nicht ganz unbekannte Autorengespann Klinkhammer/Bräutigam gerade in diesen mich aufbringenden Tagen ab.****

Fünftens. Zentral gesteuerte Radio- und Fernsehpro-gramme sind grundsätzlich unsittlich. Sie verlärmen, verbildern, zerhacken, vermüllen die Welt, bis man von der Wahrheit oder wenigstens der Wirklichkeit kaum noch ein Körnchen sieht. Sie pusten dem »Verbraucher« die letzte schüttere Neigung zu Eigenverantwortung, Unterneh-mungslust und Selbstbestimmung aus. Sie füttern die Wahlschafe derart unerbittlich mit Belanglosigkeiten, daß sie bereits mit 40 von Parkinson und mit 50 von Altersdemenz befallen werden – zum Wohl der Renditen der Gesundheitsindustrie.

Mit freundlichen Grüßen vom Thüringer Wald: H. R.<<

* https://www.refrago.de/welche-klagen-gegen-den-neuen-rundfunkbeitrag-gibt-es/ (12. März 2015)
** https://www.24hamburg.de/verbraucher/den-beitragsservice-rundfunkgebuehr-gebuehrenstelle-strategien-aergern-gez-gegner-92109250.html (1. März 2023)
*** https://www.manova.news/artikel/gebuhrenfinanzierte-tyrannei (24. Nov. 2021)
**** »Hunger als Waffe« – Baerbocks gehässige Zwecklüge, https://www.nachdenkseiten.de/?p=103167, 1. September 2023



Stimmen

Mo. 18. Sept. 2023. Zur Stunde, nach 14 Tagen also, kann ich, bei acht Anfragen, darunter an drei Rechtsanwälte, drei Antworten vorweisen. Ich hatte schon schlechtere Erfolgsquoten. Um es kurz zu machen: alle drei höflichen Menschen bestärken mich in meiner Sicht, raten mir allerdings gleichwohl, wenn auch teils durch die Blume, von meinem erwogenen Vorstoß (der Verweigerung) ab, weil er mich nur fruchtlos in Teufels Küche bringe.

Der bekannte Medienkritiker B. erfreute mich übrigens gleich durch seinen verblüffenden Eröffnungssatz. Ich zitiere aber etwas darüber hinaus: »Lieber Herr R., / Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie einen verständnis-volleren Leser Ihres Protests finden werden als mich. Ihre Erwägungen sind so absolut nachvollziehbar, so sauber auf den Punkt formuliert. Ich hab beim Lesen mit den Zähnen geknirscht. Veröffentlichen Sie Ihren Protest so weit und breit es nur geht! Auch sturen Behörden-Automatismus und vollständigen Mangel an Einfühlungsvermögen und mitmenschlichen Anstand braucht man sich nicht widerspruchslos gefallen zu lassen.«

Den nächsten bekannten Medienkritiker, Michael Meyen, komme ich nicht umhin beim vollständigen Namen zu nennen, weil ich auf einen wichtigen Artikel von ihm verlinken will. Er hängte mir den Entwurf zu diesem postwendend an. Er hatte ihn offensichtlich jüngst erst verfaßt – zufällig genau zu meinem Thema. Er ist unbedingt lesenswert und nur für Leute mit dickem Fell nicht entmutigend. Er steht inzwischen, seit dem 8. September, hier: https://www.manova.news/artikel/freibrief-von-justitia.

Unter den fünf unhöflichen, vielleicht auch nur verreisten, erkrankten oder gestorbenen Empfängern meiner Anfrage möchte ich die Chefin eines kommunistisch gefärbten Online-Blattes herausheben, das ausgerechnet in Köln ansässig ist. Es war nicht ihr erstes Schweigen für mich, und so habe ich mich nun entschlossen, ihr Blatt aus meinen Laptop-Lesezeichen ein für allemal zu entfernen.

Man sieht daran: irgendeine Frucht trägt noch die einfältigste Unternehmung.
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