Donnerstag, 16. Juni 2022
Schauermärchen und Durchhalteparolen
Sommer 2022


Je größer die Fernsehschirme und je schneller die Rechner werden, desto kürzer unser Gedächtnis. Das Schreckge-spenst des Jahres 2009 war die Schweinegrippe. Die WHO hatte diese Grippewelle zur »Pandemie« erklärt. Sie war ungefähr fußknöchelhoch. Gut 10 Jahre später stellten kritische Fachleute wie der Statistiker Gerd Bosbach (NDS 26. März 2020) unmißverständlich fest, die Schweine-grippe sei damals »völlig überschätzt« worden. Tatsächlich sei sie »milder als viele saisonalen Grippen der Vorjahre« verlaufen. Eine Aufarbeitung der Aufbauschung durch Medien und Politik sei leider nie erfolgt. Lieber ließ man Millionen, von Steuergeld bezahlte Impfdosen unauffällig in den Sondermüll wandern. Der später vielverleumdete Arzt und SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg legte die Einzelheiten dieses über Jahre vorbereiteten Großbetrugs 2015 unter dem Obertitel Falscher Alarm ausführlich dar. Unter anderem hatte die WHO zu dem Trick gegriffen, ihre Kriterien für eine Pandemie abzuschwächen, um eine solche überhaupt ausrufen zu können.

Nach einem noch zu wenig bekannten Gesetz helfen gegen einmal schlagfertig und massiv ausgestreute Lügen keine Dementis mehr. Dieses Gesetz befolgen unsere Politiker-Innen am liebsten. Deshalb ist auch die jüngste angebliche Pandemie schon längst zu einer historischen Tatsache geronnen, die so unumstößlich und selbstverständlich ist wie beispielsweise der angebliche Urknall. Dabei wies Wodarg schon am 2. Mai 2020 (in Rubikon) nach, auch diese Grippewelle des zurückliegenden Winters sei keineswegs aus dem leider üblichen Rahmen gefallen. Er wagte im Gegenteil zu behaupten: »Ohne den von deutschen Wissenschaftlern entworfenen PCR-Test auf SARS-CoV-2-Viren hätten wir von einer Corona-'Epidemie' oder gar 'Pandemie' nichts bemerkt.« Ein Zwischentitel des Artikels nennt den Test »unspezifisch, medizinisch unnütz, aber ängstigend«. Diese Aussagen hätte man vielleicht an die Eingangstüren sämtlicher deutschen Läden und Behörden heften sollen, an denen uns, stattdessen, das Maskentragen und Impfnachweiszücken zugemutet worden ist.

Leider sprechen selbst kritische Publikationen oft von der Pandemie – ohne Gänsefüßchen oder auch den Zusatz sogenannte. Zu allem Unglück kommt meist auch noch ihr Versäumnis hinzu, nicht einen Schritt über die Bannmeile des Aktuellen, die Ideologie des Kleineren Übels, das Feuerwehrspielen hinauszugehen. Sie sind und bleiben Reformisten und Flickschuster. Sie fragen sich tapfer, wie nun »das Schlimmste« zu verhüten sei, ohne das System des Schwerverbrechens auch nur mit einem Komma in Frage zu stellen. So ist die Ausschüttung der nächsten Übel gleichsam garantiert. Mit der Bitte, die schreckliche »Ukraine-Krise« auszubaden, klopft es bereits an des Deutschen Haustür. Sollte die Krise kurzfristig »beigelegt« werden, holt man vielleicht das vor Jahrzehnten in Umlauf gebrachte Gespenst des »Klimawandels« wieder aus der Flasche. Und so weiter und so fort. Um es einmal deutlich zu sagen: Das System des Schwerverbrechens beruht unter anderem auf dem Privat- oder Staatseigentum an Produktionsmitteln, Grundstücken, Mietshäusern, ganzen Wäldern und Landstrichen und den entsprechenden Erbschaften; auf den Seilschaften der professionellen Politik; auf der Existenz einer gutgeschmierten, riesigen, parasitären Bürokratie, Geheimdienste und Massenmedien eingeschlossen. Helle Köpfe wie F. G. Jünger und Lewis Mumford sprachen bereits vor Jahrzehnten vom technischen Kollektiv oder der Megamaschine. Wer nicht darlegen kann, wie dieses Ungeheuer zu stoppen und zu demontieren wäre, sollte unverzüglich analog darauf verzichten, sich großspurig Revolutionär zu nennen.

Aber haben uns denn nicht Leuchttürme wie Karl Marx und Robert Kurz versichert, es bräche, früher oder später, »von selber« zusammen? Ja, das höre ich seit meinen antiautoritären Schülerzeiten. Offenbar ist der Kapitalismus so verschlagen wie zäh. Er wird sich auch weiterhin auf die gleichermaßen groteske wie geniale Weise gegen sein Ende sträuben, die Michael Schneider kürzlich in einem Gespräch mit Milena Rampoldi sehr gut, wie ich finde, umrissen hat.* Der Kapitalismus wird die Massen mit Schauermärchen in Angst vor Schimären halten und dadurch »solidarisch« zusammenschweißen; er wird sowohl die mittelständische Wirtschaft wie eine Menge an überflüssigen Arbeitskräften, Alten, Geimpften ausrotten; dafür wird er die nicht an Impfstoff, Verzweiflung oder Krieg Gestorbenen, also den Rest, einer fast lückenlosen Überwachung und Lenkung aussetzen, die sogar Orwell verblüfft hätte. Nur die Schafsköpfe der Welt wundern sich nicht. Vielleicht sollte man sie alle nach China schicken, das ist noch ausbaufähig. Es hat nach wie vor viele Dörfer, die sich gern zu 20- bis 30-Millionen-Städten aufblasen lassen.

Das neuerliche große Umfallen der »Linken« Anfang 2020, das den rotgrünen Taumel von 1999 (Bomber gen Belgrad) fortsetzte, wird von Michael Schneider, inzwischen fast 80, recht einleuchtend erklärt. Auf jenes grotesk-geniale »Narrativ« der internationalen Geheimdienst-, IT- und Medien-Oligarchie waren sie einfach nicht gefaßt. Dem stand und steht auch ihre, so Schneider, »Staatsgläubigkeit« entgegen. Jetzt tragen sie brav, ja sogar begeistert die neue Russenphobie mit, wegen des Einfalls im seit Jahren von Kiew bekriegten Donbaß, und sind stolz darauf, zu einer überwältigenden Mehrheit, um nicht zu sagen: Querfront von angeblich Friedens-willigen zu zählen, die ihre größten FürsprecherInnen im Weißen Haus und bei Rheinmetall hat. Sich stets instinktsicher auf die Seite der Mehrheiten zu schlagen, bietet den Riesenvorteil, in der Regel zu den Stärkeren, als0 den Siegern zu gehören.

Leider zeigt sich der Berliner Schriftsteller am Schluß seiner Ausführungen mit dem typisch linken Brechtvertrauen gesegnet, das nie auf Durchhalteparolen und Zweckoptimismus verzichten wird. Für mich ist es einfältig, ja sogar schädlich. Der geballten Macht der genannten Oligarchie hat die Opposition nichts entgegen zu setzen – und hätte sie es, nähme sie selber rasch den tyrannischen Zuschnitt an. Die Zeit der geringen Chance auf Ausscheren und alternatives Wirken ist vorbei. Die Nischen werden zugemauert. Unter Umständen dürfen die Insassen sogar vor dem Zumauern drinbleiben. Man bringt dann ein Schild an der Haustürklingel an: »Hier wohnen die Verweigerer der Kommune X«. Das Menschenfeind-liche an der postmodernen Welt liegt nicht unerheblich in ihrer erdrückenden, unüberschaubaren und undurchdringlichen, freilich auch wieder anfälligen Mammuthaftigkeit. Solche Systemstrukturen lassen sich nur von völlig skrupellosen und aalglatten Schlaubergern handhaben, wenn überhaupt. Die Sehnsucht der Menschheit galt schon seit Geschichtsbeginn, ja seit der Erhebung zum »aufrechten Gang« mit völlig überfüllter Riesenbirne, der Größe – und an ihr wird sie vermutlich auch verrecken.

In den systemfeindlichen Kreisen wird das Phänomen der Mammutisierung nahezu vollständig ausgeklammert, weil man sich eben den schönen Zweckoptimismus nicht untergraben will. Deshalb zeugt man auch weiterhin mit verbissener Wonne Kinder. Für mein Empfinden sollte man unseren bedauernswerten, vielfach tyrannisierten Kleinen aber endlich das Glück gönnen, gar nicht erst auf die Welt zu kommen. Haben Sie sich einmal überlegt, was das für Zeitgenossen werden: diese 12jährigen, die lieber mit Algorithmen als mit Puppen oder Bauklötzen spielen? Und achten Sie auf der Straße einmal auf die jungen Frauen, die beim Kinderwagenschieben entschieden gebannter auf ihr Smartphone als auf ihr Kleinkind blicken! Dann wissen Sie: der Raum, das Leibliche, die Herzenswärme lösen sich längst in Luft auf. »Digitali-sierung« heißt im Grunde: Freie Bahn der uhrenmäßig und tauschwerthaft aufgefaßten »Zeit«, Sieg der erbarmungs-losen Abstraktion. Deshalb ist für mich die Abdankung der Menschheit angesagt. Dabei wäre mir eine freiwillige entschieden lieber als eine erzwungene. So oder so – der Planet wird aufatmen, wenn wir endlich verschwunden sind. Die Bakterien und Viren brauchen uns nicht. Sie kennen unzählige Alternativen.

* »Die meisten Linken sind …«, Neue Rheinische Zeitung, 12. Januar 2022: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27865
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