Dienstag, 30. Dezember 2025
Genickbruch: Vorbemerkung

In den vergangenen rund 15 Jahren wuchs in meinem Literarischen Blog Ausgewählte Zwerge ein Berg aus Betrachtungen und Erzählungen, zudem etlichen Liedern empor. Das Echo, das er hervorrief, hätte durch ein Nadel-öhr gepaßt. Vielleicht litt ich ja immer noch an Selbstüber-schätzung, denn in diesem Buch finden Sie lediglich das Beste aus meinem inzwischen stark beschnittenen Blog.
~~~ Der neue Obertitel, Genickbruch durch Größe, wurde mir kürzlich bei einem Winterspaziergang durch zugefrorene Feldwegpfützen eingegeben. Wahrscheinlich deutet der Titel die Leitgedanken meiner Texte gar nicht so ungeschickt an. Meine Erzfeinde sind Kapitalismus, Staat und Globallisierung, wie ich die zentralisierende Gleichschaltung zuweilen nenne. Ich will nicht zurück zur Natur, vielmehr zur Kleinheit, denn nur sie ermöglicht Überschaubarkeit und von daher Mitwirkung aller jeweils Beteiligten in den öffentlichen Belangen. Verkneifen Sie sich jedoch die Frage, welche Chancen ich diesem Programm gebe, sonst sinkt Ihre Laune unverzüglich in die Gullys vor unseren Konsum- und Verwaltungstempeln und den Masten mit den Überwachungskameras. Jedenfalls bin ich so wenig Zweckoptimist wie Avantgardist.
~~~ Vielleicht liegt Ihnen der Hohn auf der Zunge, für einen Propheten der längst vergilbten Losung small is beautiful wäre meine Wortmeldung aber verdammt dick. Der Reiz meiner Fülle liegt in den einzelnen Häppchen. Mit deren Hilfe spüre ich dem verfehlten Kurs der Menschheit auf allen, selbst den entlegensten Gebieten nach, und ich bemühe mich stets, davon möglichst anschaulich, verblüffend und unterhaltsam zu berichten. Die Pergamente mit den 95 Thesen sollen andere an die Portale der Verlagshäuser nageln.
~~~ Die Anordnung meiner Betrachtungen (vornehm gern als »Essays« bezeichnet) hat mir allerdings einiges Kopfzerbrechen bereitet. Bei jener Fülle und Spannweite meiner Texte und Beobachtungen sind ja zahlreiche thematische Überschneidungen so gut wie unvermeidlich. Ein Auffädeln nach Entstehungszeiten verbot sich, weil ich ersichtlich noch lebe. Dieses Verfahren wählen VerlegerInnen nur, wenn sie bereits Eingesargte mit einer sogenannten Werkausgabe zu krönen gedenken. Da ich vergleichsweise häufig an Einträgen meines 24bändigen Brockhaus anknüpfe (19. Auflage, 1986–94), entschloß ich mich zuletzt zähneknirschend, gleichfalls dem Alphabet zu folgen, wenn auch nicht sklavisch. Hier und dort mogle ich also. Von Natur aus schreibe ich ohnehin selten eng an der Schnur entlang. Ich bin eher Schweifender oder Torkelnder. Immerhin finden Sie aber öfter unter dem letzten Textstück eines Stichwortes Querverweise, die Ihnen ein gezieltes und fleißiges Erarbeiten bestimmter Themen oder Biografien gestatten.
~~~ Diese Verweise erfassen auch die ausgewählten längeren Erzählungen. Das sind Texte ausschließlich »uto-pischen« Charakters, die abgesondert in einem schmalen zweiten Teil des Buches stehen, Anhang genannt. Die vier Texte sind nach Handlungszeiten angeordnet. Die letzte Erzählung, Der Sturz des Herkules, spielt nicht in einer Zwergrepublik, vielmehr (2028) im ehemaligen Deutschland. Einen Sack voll kurzer Erzählungen finden Sie übrigens in meinem stark geschrumpften Blog. Dort können Sie sich auch über mein musikalisches Schaffen informieren. Voraussichtlich werde ich eben dort, nach und nach, Gestrichenes wieder anbieten, vielleicht auch Neues zur Diskussion stellen. Zum Beispiel die Verrisse dieses Werks.
~~~ Vielleicht wundern Sie sich über meine altmodische Rechtschreibung. Der Lektor duldet sie, weil ich meine Ablehnung der jüngsten »Reform« in mehreren Texten erläutert habe. Die können Sie ja gleich mal nachschlagen. Alle Stichwörter sind fett gedruckt, sodaß wir auf Orientierung durch Kopfleisten verzichtet haben. Selbstverständlich aus den berühmten Kostengründen. Kleiner gesetzte Fettdrucke markieren Unterabteilungen. Alles zusammen geht aus dem Inhaltsverzeichnis hervor. Dadurch stellt dieses auch ein Schmalspurregister dar.
~~~ Übrigens hat uns die Sparwut nicht dazu verleitet, unhöflich zu werden. Deshalb haben Ihnen unsere tapferen Typografen die in Fachkreisen so genannten Hurenkinder und Schusterjungen und das Straucheln an einzuglosen Absätzen erspart.
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