Donnerstag, 9. Januar 2025
Leiter
ziegen, 10:47h
Verfaßt um 2020
Will einer die ersten 100 Plätze einer Rangfolge kultureller Erfindungen vergeben, stünde die Leiter, neben Knoten, Schraube, Fahrrad, Schreibmaschine, jede Wette in seiner Liste ganz oben. Überlegen Sie nur einmal: Plötzlich stehen Sie unvermutet unter einer Palme, die mit Kokosnüssen winkt. Wie wollen Sie nun an die verlockende Beute herankommen – ohne Leiter? Schütteln Sie die Palme oder werfen Sie Steine hinauf, fällt Ihnen auch schon eine Kokosnuß – oder der Stein – auf den Kopf, und aus ist die Maus: Schädelbruch. Somit bleibt nur, die Nüsse zu pflücken.
~~~ Brockhaus meint, im Althochdeutschen war die Leiter »die Angelehnte«. Erfreulicherweise bildet er aber auch wichtige andere Leiter-Typen ab, die auf eine erstaunliche Artenvielfalt hindeuten. Was Wunder, wenn im Internet oft Begriffsverwirrung herrscht. Man nennt das Gerät am Palmenstamm Stehleiter, obwohl es doch angelehnt ist. Was wirklich steht, nämlich frei und unabhängig von Stützen, ist die gegrätschte zweischenkelige Leiter, die einem Satteldach ähnelt. Die Leiter mit Stütze ist die Stufensteh- oder Treppenleiter, ein häufiges Hausfrauen-unglück. Meisterbetriebe des Handwerks besitzen eine ausziehbare Sprossen-Stehleiter. Der Kaminfeger hängt seine kleine, mit Haken versehene Steigleiter unter dem Schornstein ein, um denselben auch sicher zu erreichen.
~~~ Als Knabe haben mich besonders die Strickleitern gefesselt, die ich zuweilen im Kino an Schiffsbäuchen herabhängen sah. Die Dampfer im Kasseler Fuldahafen waren dafür nicht hoch genug. Meist machten da nur Lastkähne fest, die Flachheit an sich. Die wichtigste Leiter war aber die in Wäldern an Hochsitzkanzeln angelehnte. Sie mußte erklommen werden. Diese Narrheit überlebte ich, während mein Kommissar Köfel einmal den hinterhältig herbeigeführten, für den Jäger tödlichen Einsturz eines Hochsitzes zu untersuchen hatte. Das ist allerdings die Schattenseite aller Erfindungen: Sie bieten niemals ausschließlich Vorteile. Manche Zeitgenossen, ob Faschisten oder nicht, foltern gern. Zum Beispiel drehen sie gefangenen Untergrundkämpfern genüßlich Schrauben ins Fleisch.
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Will einer die ersten 100 Plätze einer Rangfolge kultureller Erfindungen vergeben, stünde die Leiter, neben Knoten, Schraube, Fahrrad, Schreibmaschine, jede Wette in seiner Liste ganz oben. Überlegen Sie nur einmal: Plötzlich stehen Sie unvermutet unter einer Palme, die mit Kokosnüssen winkt. Wie wollen Sie nun an die verlockende Beute herankommen – ohne Leiter? Schütteln Sie die Palme oder werfen Sie Steine hinauf, fällt Ihnen auch schon eine Kokosnuß – oder der Stein – auf den Kopf, und aus ist die Maus: Schädelbruch. Somit bleibt nur, die Nüsse zu pflücken.
~~~ Brockhaus meint, im Althochdeutschen war die Leiter »die Angelehnte«. Erfreulicherweise bildet er aber auch wichtige andere Leiter-Typen ab, die auf eine erstaunliche Artenvielfalt hindeuten. Was Wunder, wenn im Internet oft Begriffsverwirrung herrscht. Man nennt das Gerät am Palmenstamm Stehleiter, obwohl es doch angelehnt ist. Was wirklich steht, nämlich frei und unabhängig von Stützen, ist die gegrätschte zweischenkelige Leiter, die einem Satteldach ähnelt. Die Leiter mit Stütze ist die Stufensteh- oder Treppenleiter, ein häufiges Hausfrauen-unglück. Meisterbetriebe des Handwerks besitzen eine ausziehbare Sprossen-Stehleiter. Der Kaminfeger hängt seine kleine, mit Haken versehene Steigleiter unter dem Schornstein ein, um denselben auch sicher zu erreichen.
~~~ Als Knabe haben mich besonders die Strickleitern gefesselt, die ich zuweilen im Kino an Schiffsbäuchen herabhängen sah. Die Dampfer im Kasseler Fuldahafen waren dafür nicht hoch genug. Meist machten da nur Lastkähne fest, die Flachheit an sich. Die wichtigste Leiter war aber die in Wäldern an Hochsitzkanzeln angelehnte. Sie mußte erklommen werden. Diese Narrheit überlebte ich, während mein Kommissar Köfel einmal den hinterhältig herbeigeführten, für den Jäger tödlichen Einsturz eines Hochsitzes zu untersuchen hatte. Das ist allerdings die Schattenseite aller Erfindungen: Sie bieten niemals ausschließlich Vorteile. Manche Zeitgenossen, ob Faschisten oder nicht, foltern gern. Zum Beispiel drehen sie gefangenen Untergrundkämpfern genüßlich Schrauben ins Fleisch.
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