Montag, 6. Januar 2025
Tinus van Doorn
ziegen, 14:09h
Verfaßt 2023
Doorn ist eine inzwischen unselbstständige Gemeinde in der Provinz Utrecht, na immerhin. Den niederländischen Maler Tinus van Doorn (1905–40) dagegen kennt mein Brockhaus nicht. Er stammte aus einer Lehrerfamilie und besuchte ab 1924 zumindest zeitweise die Kunstakademie in Den Haag. Wichtiger sollen ihm die Anregungen »vor der Natur« gewesen sein. Nach Ausstellungs-Rezensent Stefan Kuiper* wird er unter Fachleuten den »kleinen«, außerdem den »naiven« Malern zugeschlagen. Kuiper scheint nicht viel von ihm (oder seinen handwerklichen Fertigkeiten) zu halten. Nur in den Farben sei er stark, wenn er sie so kontrastiert, daß die Szene von innen wie eine Laterne beleuchtet erscheint. Zur Biografie des Künstlers schweigt sich Kuiper aus. Ein paar Angaben finden sich jedoch in einem Pdf, das mir freundlicherweise eine bei Amsterdam gelegene Kunsthandlung überlassen hat.**
~~~ Danach lebte Doorn (Heirat mit Annie »Akkie« Vermeulen) ab 1929 in Rotterdam, wo er sich mit Illustrationen, Plakaten, Werbung, Bühnenbild über Wasser hält. 1932 kauft ein Museum zwei Gemälde von ihm; er kommt ins Gespräch. 1933 bezieht er mit seiner Frau die Hütte De Pondok in Barchem, Gelderland. Das Dorf liegt östlich von Zutphen und damit unweit der Grenze zu Deutschland. Das Paar soll sich hier zunächst sehr wohl gefühlt haben; nur steigt im Osten der deutsche Faschismus auf. Doorns Arbeiten, teil als »kindisch« abgetan, bekommen düstere, bedrohliche Züge. 1935/36 habe das Ehepaar in Spanien/Portugal verbracht. Ich vermute, ohne Bürgerkriegsteilnahme. Anscheinend kehren die Doorns in ihre Hütte zurück. Aber im April 1938 weichen sie nach Brüssel aus. Hier schafft Doorn verschiedene Skulpturen, außerdem antimilitaristische Zeichnungen. Mit Kriegsausbruch bereiten die Doorns eine Flucht nach Frankreich vor, doch sie werden von den Flüchtlingsströmen zurückgetrieben. Nun sind in ihrer Vorstadtwohnung Gas und Wasser gesperrt. Auch die Geldnot nimmt stark zu; schließlich liegen die Kunstmärkte brach. Die Nazis hätten Doorn natürlich sowieso als entartet eingestuft*** und eher auf Dornen als auf Rosen gebettet. Erhofftes Geld von den Eltern trifft nicht oder zu spät ein. Mit dem Einmarsch der Deutschen in Brüssel Mitte Mai 1940 bringt sich das Ehepaar gemein-sam um. Wie, wird nicht gesagt. Doorn war knapp 35.
~~~ Nach den Unterlagen aus Blaricum soll sich Doorn zuletzt, in einem Brief, recht selbstbewußt über sein Schaffen geäußert haben; für die Ignoranz vieler Leute könne er ja nichts. Dagegen behauptet die deutsche Wikipedia, er habe zunehmend unter Selbstzweifeln gelitten. Von seiner Ehefrau erfährt man auch aus Blaricum gar nichts, sofern ich es nicht übersehen habe. Einige Webseiten verkünden immerhin, Vermeulen sei Pianistin und 15 Jahre älter als Doorn gewesen. Trifft das erste zu, dürfte »Akkie« im ehemaligen Residenzstädtchen Zutphen wenig Auftrittsmöglichkeiten gefunden haben. Oder war sie Musiklehrerin? Wir wissen es nicht. Und erst der Zündstoff des angeblichen Altersunterschiedes! In den Sümpfen um Barchem feucht geworden, verschimmelt. Vielleicht sollte sich einmal ein Fuchs an Vermeulens Fersen heften, die ist doch viel interessanter als Doorn.
* Stefan Kuiper, »Paradise Lost«, 8weekly (Utrecht), 1. November 2005: https://8weekly.nl/recensie/kunst/tinus-van-doorn-schilder-van-het-verloren-paradijs-paradise-lost/
** Studio 2000 magazine, Blaricum (bei Amsterdam), 20. Jahrgang, Nr. 3 September 2015. Das Heft ist ausschließlich Doorn gewidmet, bietet einige Texte (leider auf niederländisch) und viele Abbildungen, ferner Literaturhinweise.
*** https://de.wikipedia.org/wiki/Tinus_van_Doorn#/media/Datei:Tinus_van_Doorn_-_Farmer_in_the_moonlight.jpg
°
°
Doorn ist eine inzwischen unselbstständige Gemeinde in der Provinz Utrecht, na immerhin. Den niederländischen Maler Tinus van Doorn (1905–40) dagegen kennt mein Brockhaus nicht. Er stammte aus einer Lehrerfamilie und besuchte ab 1924 zumindest zeitweise die Kunstakademie in Den Haag. Wichtiger sollen ihm die Anregungen »vor der Natur« gewesen sein. Nach Ausstellungs-Rezensent Stefan Kuiper* wird er unter Fachleuten den »kleinen«, außerdem den »naiven« Malern zugeschlagen. Kuiper scheint nicht viel von ihm (oder seinen handwerklichen Fertigkeiten) zu halten. Nur in den Farben sei er stark, wenn er sie so kontrastiert, daß die Szene von innen wie eine Laterne beleuchtet erscheint. Zur Biografie des Künstlers schweigt sich Kuiper aus. Ein paar Angaben finden sich jedoch in einem Pdf, das mir freundlicherweise eine bei Amsterdam gelegene Kunsthandlung überlassen hat.**
~~~ Danach lebte Doorn (Heirat mit Annie »Akkie« Vermeulen) ab 1929 in Rotterdam, wo er sich mit Illustrationen, Plakaten, Werbung, Bühnenbild über Wasser hält. 1932 kauft ein Museum zwei Gemälde von ihm; er kommt ins Gespräch. 1933 bezieht er mit seiner Frau die Hütte De Pondok in Barchem, Gelderland. Das Dorf liegt östlich von Zutphen und damit unweit der Grenze zu Deutschland. Das Paar soll sich hier zunächst sehr wohl gefühlt haben; nur steigt im Osten der deutsche Faschismus auf. Doorns Arbeiten, teil als »kindisch« abgetan, bekommen düstere, bedrohliche Züge. 1935/36 habe das Ehepaar in Spanien/Portugal verbracht. Ich vermute, ohne Bürgerkriegsteilnahme. Anscheinend kehren die Doorns in ihre Hütte zurück. Aber im April 1938 weichen sie nach Brüssel aus. Hier schafft Doorn verschiedene Skulpturen, außerdem antimilitaristische Zeichnungen. Mit Kriegsausbruch bereiten die Doorns eine Flucht nach Frankreich vor, doch sie werden von den Flüchtlingsströmen zurückgetrieben. Nun sind in ihrer Vorstadtwohnung Gas und Wasser gesperrt. Auch die Geldnot nimmt stark zu; schließlich liegen die Kunstmärkte brach. Die Nazis hätten Doorn natürlich sowieso als entartet eingestuft*** und eher auf Dornen als auf Rosen gebettet. Erhofftes Geld von den Eltern trifft nicht oder zu spät ein. Mit dem Einmarsch der Deutschen in Brüssel Mitte Mai 1940 bringt sich das Ehepaar gemein-sam um. Wie, wird nicht gesagt. Doorn war knapp 35.
~~~ Nach den Unterlagen aus Blaricum soll sich Doorn zuletzt, in einem Brief, recht selbstbewußt über sein Schaffen geäußert haben; für die Ignoranz vieler Leute könne er ja nichts. Dagegen behauptet die deutsche Wikipedia, er habe zunehmend unter Selbstzweifeln gelitten. Von seiner Ehefrau erfährt man auch aus Blaricum gar nichts, sofern ich es nicht übersehen habe. Einige Webseiten verkünden immerhin, Vermeulen sei Pianistin und 15 Jahre älter als Doorn gewesen. Trifft das erste zu, dürfte »Akkie« im ehemaligen Residenzstädtchen Zutphen wenig Auftrittsmöglichkeiten gefunden haben. Oder war sie Musiklehrerin? Wir wissen es nicht. Und erst der Zündstoff des angeblichen Altersunterschiedes! In den Sümpfen um Barchem feucht geworden, verschimmelt. Vielleicht sollte sich einmal ein Fuchs an Vermeulens Fersen heften, die ist doch viel interessanter als Doorn.
* Stefan Kuiper, »Paradise Lost«, 8weekly (Utrecht), 1. November 2005: https://8weekly.nl/recensie/kunst/tinus-van-doorn-schilder-van-het-verloren-paradijs-paradise-lost/
** Studio 2000 magazine, Blaricum (bei Amsterdam), 20. Jahrgang, Nr. 3 September 2015. Das Heft ist ausschließlich Doorn gewidmet, bietet einige Texte (leider auf niederländisch) und viele Abbildungen, ferner Literaturhinweise.
*** https://de.wikipedia.org/wiki/Tinus_van_Doorn#/media/Datei:Tinus_van_Doorn_-_Farmer_in_the_moonlight.jpg
°
°